Indian Summer auf der Maas

Im September rollte die Werbetrommel für ein Wanderpaddelwochenende auf der Ourthe -wieder einmal kam der Entschluss zu dieser Tour arg spontan und die Ankündigung dazu recht kurzfristig, wieder einmal geloben wir (Jan, Daniel & ich) insoweit für die Zukunft Besserung. Und, wie war's? Zusammenfassend lässt sich schreiben: Es kam alles anders als geplant, dafür besser als erhofft!

Das Wochenende war mindestens so gut durchorganisiert wie die Mondlandung. Wir kauften uns eigens einen DKV-Flusswanderführer, kundschafteten die Gegend via google-streetview aus, reservierten den Campingplatz, packten sowohl Sonnenmilch als auch lange Unterhosen ein. Wir wollten in dieser unwirklichen belgischen Provinz, durch die die Ourthe ihr Bahnen zieht, nichts dem Zufall überlassen...

Als wir am Samstag nach 2,5 stündiger Autofahrt zu siebt in La Roche-en-Ardenne in das Flussbett schauten, sahen wir erbärmliche 1,8 (?) m3/Sek. dahinplätschern. Wir wissen bis heute nicht mit Sicherheit, ob eine Befahrung überhaupt erlaubt gewesen wäre. Sicher waren wir uns an diesem Morgen darin, dass es kein Vergnügen werden würde, mit den Seekajaks auf 50 km die Fahrrinne suchen zu müssen.

Wahrscheinlicher wäre es gewesen, wir hätten uns an dieser Stelle über den Flusswanderführer wund geärgert (von wegen, die Ourthe ist im Herbst immer fahrbar...) und wären frustriert und enttäuscht nach Hause gefahren. Stattdessen haben wir in knapp 15 Minuten eine Alternative gefunden. Wir würden die Maas fahren, Basta! Die würde zumindest Wasser führen. Hals über Kopf brachen wir auf und fuhren nach Hastiere, keine 10 km von der französischen Grenze. Dort war ein Einstieg zu finden, der weder zu nah noch zu weit entfernt von unserem geplanten Nachtlager entfernt lag.

Sobald wir losfuhren, war all der Stress verschwunden. Wir paddelten bei besten Wetter Kilometer um Kilometer vorbei an schönen und skurrilen Häusern, Eisvögeln und jeder Menge Landschaft. Die Ardennenausläufer sorgen auf dieser Strecke vor allem für bewaldete und mit Felsen gespickte Ufer. Unterwegs konnten wir im Yacht Club-Anseremme hervorragend anlanden und essen. Im Übrigen ist die Maas, zumindest auf diesem Abschnitt, jedoch sehr viel weniger paddelsportfreundlich. Insgesamt mussten wir an beiden Tagen an 5 Wehren vorbei. Der gemeine Belgier hat es anscheinend nicht so mit Bootsrutschen. Die einzige Möglichkeit voranzukommen war nämlich schiere manpower. In der Regel mussten wir gut 100 bis 200 Meter vor dem eigentlichen Wehr an irgendeiner halbwegs geeigneten Stelle aussteigen und genausoweit hinter dem Wehr wieder einsetzen. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir an beiden Tagen nicht einem einzigen Paddler begegneten. Wobei, keinem Paddler, naja, stimmt nicht ganz: In Anseremme mündet die Lesse in die Maas und mit ihr vermutlich jedes einzelne Kajak und jeder einzelne Kanadier, den es in Belgien gibt. Wir haben noch nirgends eine vergleichbare Kajakindustrie und Massenabfertigung gesehen wie dort. Das was auf den Fotos wie toter Fisch aussieht, sind Boote und Paddel. Irre! Allerdings war es mit dem Verkehr keine 200 Meter weiter auch schon vorbei und wir behielten die Maas bis zum Schluss für uns alleine.

Für die Übernachtung hatten wir uns Dinant ausgeguckt. Diese schöne Stadt, an deren Wahrzeichen, nämlich dem Schloss oberhalb des Ortes und der Kathedrale, wir in der untergehenden Sonne vorbeipaddelten, steht ganz im Zeichen des Saxophons. Wie wir erfuhren, ist es der Geburtsort von Adolphe Sax, dem Erfinder des Instruments. Um diese Bildungslücke ärmer verbrachten wir den Abend gesellig in der Stadt, ehe wir unmittelbar am Fluss in die Schlafsäcke krochen.

Für den zweiten Tag nahmen wir Langschläfer uns weniger Strecke und weniger Wehre vor; 12 km gegenüber 20 km am ersten Tag. Mehr Strecke hätte es aber auch schon deshalb nicht sein dürfen, weil Hannah und Melanie jeweils im Ethos unterwegs waren. Damit hatten sie alle Mühe mit uns anderen mitzuhalten. Insoweit war es vielleicht auch eine schicksalhafte Fügung, dass die Ourthe ins Trockene fiel. Die 50 km, die wir uns dort vorgenommen hatten, hätten die Ethose wahrscheinlich auch in drei Tagen auf diesen zähfließenden Gewässern nicht geschafft.

Am Ende konnten wir uns gemeinsam zu zwei außerordentlich improvisierten, aber auch gelungenen Paddeltagen gratulieren. Möglich wurde das nur, weil ein jeder Enthusiasmus, Kompromissbereitschaft und jede Menge Mut zur Lücke aufbot. Eine schöne und wertvolle Erfahrung.

P.S.: Die Ourthe entkommt uns nicht! Wir werden sie paddeln! Wir werden Wasser haben! Und wir werden rechtzeitig vorher Bescheid geben!

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JanMTs Avatar
JanMT antwortete auf das Thema: #2 14 Okt 2016 23:54
Es war ne super Tour. Danke Micha für den tollen Bericht. Einziger (persönlicher) Wehrmutstropfen: auf belgischen Autobahnen sollte man genau auf die Tempobeschilderung achten. Na ja, kein Wunder bei dem Zustand... Lessons learned. Danke Belgien :)
Heinrichs Avatar
Heinrich antwortete auf das Thema: #3 23 Okt 2016 12:55
Der Antwort von "JanMT" lieber Michael schliesse ich mich an. Schon früher hätte ich Deine flotte und, ganz nach meinem Geschmack, leicht selbstironische "Schreibe" gewürdigt, hätte ich nur den "Teilnahmemodus" besser begriffen ;-) Heute, nach mehreren Henkeltassen Kaffee hat´s endlich geklappt. Auch verspreche ich an dieser Stelle...: erstens, nicht nur wortlos einen verlässlichen "Wasserstandslink" zu belgischen Gewässern zu verschicken; zweitens, bei der nächsten Feier einen wiedergefundenen, ziemlich in die Jahre gekommenen (wie ich selbst :-) Fluß- und Revierführer zu Belgien, anzuschleppen. Voilá und "danke" für den Paddelaufsatz..., die Vorbeifahrt an Dinant neide ich Euch, den Rest der Maas eher weniger ;-) ...der Heinrich

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